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Firmenwert ermitteln: So geht´s
 

Einen Firmenwert ermitteln ist einer der wichtigsten und komplexesten Aufgaben innerhalb eines Verkaufsprozesses.
 

Autor: Manfred Schenk


Zusammenfassung: Um das geht es in diesem Text.

  • Die Bewertung eines Unternehmens ist komplexer als gedacht und birgt zahlreiche Fallstricke.

  • Während der Firmenwert oft auf theoretischen Berechnungen basiert, hängt der tatsächliche Kaufpreis von vielen individuellen Faktoren ab.

  • Dieser Text beleuchtet die verschiedenen Bewertungsmethoden, wie das Ertragswertverfahren, das Substanzwertverfahren oder das Discounted-Cash-Flow-Verfahren. 

  • Er zeigt auf, dass der Firmenwert oft nicht mit dem tatsächlichen Kaufpreis übereinstimmt, da individuelle Faktoren wie Branchenentwicklungen, Risiken und Verhandlungsgeschick eine entscheidende Rolle spielen.

  • Der Text vergleicht die Firmenbewertung mit der Kaufpreisermittlung und erklärt, warum die Kaufpreisermittlung aus Käufersicht oft genauer ist. Zudem werden praktische Beispiele und Berechnungsmodelle vorgestellt, um den Leser in die Thematik einzuführen.

  • Ziel des Textes ist es, Unternehmern und Interessierten einen umfassenden Überblick über die Komplexität der Unternehmensbewertung zu geben und sie für die Besonderheiten der Kaufpreisermittlung zu sensibilisieren.

Ein Satz vorab zum Thema: Online-Firmenwert-Ermittlung!

Im Internet findet man Dutzende von Webseiten, auf denen man angeblich anhand weniger Angaben den Wert einer Firma ermitteln kann (?).

Lassen Sie es mich deutlich sagen: Wenn Sie mit einem Online-Abfrage-Tool einen Firmenwert ermitteln wollen, dann werden Sie nie den realen Wert einer Firma bestimmen können.

Dies liegt darin begründet, dass diese Bewertungsmethoden sich fast ausschließlich auf wirtschaftliche Kennzahlen aus der Bilanz beziehen.


Insbesondere der Firmenwert ist anhand der reinen Bilanzzahlen nicht zu ermitteln, da in den meisten Fällen eine Bilanzbereinigung notwendig ist. Eine Bilanzbereinigung zeigt auf, welche "versteckten" Gewinne oder Kosten in einer Bilanz enthalten sind, die wiederum das "echte Betriebsergebnis" erheblich verändern können (+/-). 
 
Fakt ist auch, dass der Firmenwert und die Verkaufbarkeit eines Unternehmens zum größten Teil von sogenannten Soft Skills abhängig ist. Diese Soft Skills wiederum sind in keiner Bilanz zu finden.

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Zur Sache:

Der Gewinn Ihres Unternehmens muss auf den ersten Blick für einen Käufer in einem realistischen Bezug zum Kaufpreis (Wert der Firma) stehen. Daraus ableitend kann man in den meisten Fällen dann auch den Firmenwert ermitteln.

Möchte man den Firmenwert ermitteln oder einen Kaufpreis für ein Unternehmen berechnen, stellt man schnell fest, dass dies komplexer ist, als es zunächst scheint. Soll heißen, der nicht mit dieser Materie (Firmenverkäufe/Firmenbewertungen) vertraute Unternehmer weiß in der Regel nachher weniger als vorher.

Ich möchte an der Stelle schon betonen, dass es keine Faustformel gibt und einen Firmenwert zu ermitteln. Die Bestätigung dieser These finden Sie in den weiteren folgenden Beispielen.

An dieser Stelle möchte ich ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Im ersten Schritt zeige ich Ihnen die Bewertungsmethoden, die in Fachkreisen am häufigsten angewendet werden. Die hier aufgeführte Auswahl an Bewertungsmethoden erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

 

Ertragswertverfahren

Gemäß dem Unternehmensbewertungsstandard IDW S1 ermittelt sich der Unternehmenswert beim Ertragswertverfahren durch Diskontierung der den Unternehmenseignern zufließenden finanziellen Überschüssen (Stichwort: ewige Rente). Hierbei werden die zukünftigen (Prognose-)Gewinnzahlen viel stärker bewertet als die Gewinnzahlen aus der Vergangenheit.

 

Unter einem Substanzwertverfahren versteht man die Ermittlung eines Unternehmenswertes anhand der vorhandenen Substanz wie z. B. Anlagevermögen, Inventar, Warenbestand und Immobilien. Hier muss man der Ordnung halber darauf aufmerksam machen, dass dieses Verfahren im Grunde genommen nur ein Ausverkauf des Anlagevermögens und des Warenbestandes ist. Ein Wert, bezogen auf vergangene oder zukünftige Umsätze und Gewinne, findet hier keine Berücksichtigung!

Das Discounted-Cash-Flow-Verfahren basiert auf prognostizierten Zahlungsflüssen.

Dabei werden zu zahlende Steuern, Privat- wie auch Unternehmenssteuern, mit in die Bewertung einbezogen.

 

Das Marktwertverfahren beruht ausschließlich auf Angebot und Nachfrage und kommt in der Regel nur für extrem zukunftsträchtige Unternehmen in Betracht.

 

Das Ebit-Multiple-Verfahren ist eine häufig von Firmenmaklern, Investoren und Banken eingesetzte Methode zur Ermittlung des Unternehmenswertes.

Basis sind die in der Vergangenheit erzielten Gewinne vor Zinsen und Steuern sowie zukünftige Gewinne.

Und so sollte man einen Firmenwert ermitteln!

 

Wichtig! Obwohl beide Begriffe – Firmenbewertung und Kaufpreisermittlung – scheinbar dasselbe meinen, haben sie eine unterschiedliche Aussagekraft.

 

Die meisten Firmenbewertungen erfolgen auf der Basis rein mathematischer Berechnungsmodelle wie z. B. dem Discounted-Cash-Flow-Verfahren. Individuelle Faktoren – die für einen Käufer von Relevanz sind – werden kaum berücksichtigt. Die Chance, dass das Ergebnis der Firmenbewertung = Kaufpreis ist, liegt daher nach meiner Erfahrung unter 20 %.

 

Begründung: Was nützt es, wenn man einen theoretisch (!) hoher Firmenwert ermittelt, wenn der Preis aber aufgrund von individuellen Faktoren nicht zu erzielen ist?

 

Bei der Ermittlung eines branchenspezifischen Kaufpreises hingegen werden aus der Sicht eines Käufers alle relevanten Risikofaktoren bei der Preisfindung berücksichtigt! Die Chance, dass das Ergebnis der Kaufpreisermittlung = Kaufpreis ist, liegt hier bei ca. 90 %!

 

In einigen Fällen kann es auch zu einer »Mischform« der Bewertungen kommen. Hier wird – bei einer entsprechenden Wertigkeit des Anlagevermögens oder des Warenbestandes – eine Kombination aus Substanzwertverfahren und dem Ebit-Multiple-Verfahren vorgenommen.

Anhand von einigen Beispielen zeige ich Ihnen, wie ein Verkaufspreis ermittelt wird.

 

Ermittlung des Firmenwertes anhand des Ebit-Multiple-Verfahrens und einer Bilanzbereinigung:

Schritt 1: Das Ebit-Multiple-Verfahren erfolgt auf Basis der vergangenen und zukünftigen Gewinne vor Zinsen und Steuern und unter Berücksichtigung individueller Branchenspezifikationen. Die Multiplikatoren werden jeden Monat anhand von Branchenentwicklungen aktualisiert. 

 

Schritt 2: Darüber hinaus muss die Bilanz um die Faktoren bereinigt werden (+/-), die für den operativen Geschäftsverlauf nicht relevant sind.

 

Dabei werden Sie feststellen, dass der ausgewiesene, offizielle Gewinn auf den ersten Blick in vielen Fällen nur die halbe Wahrheit verrät. Erst die Analyse der Bilanz zeigt, wie das Unternehmen im Detail dasteht.

 

Da es im ersten Schritt nur um die Ermittlung der Gewinnsituation aus dem operativen Geschäft geht, lassen wir die Details der Bilanz an dieser Stelle noch unberücksichtigt.

 

Praxisbezogenes Berechnungsmodell zur Wertermittlung:

Für eine Personengesellschaft/Einzelfirma ergibt sich folgende Formel:

Gewinn vor Zinsen und Steuern

+ nicht betriebsnotwendige Ausgaben (z. B. Pkw der Ehefrau)

+ Kosten für einmalige Sonderausgaben (z. B. Beratungskosten)

- Unternehmerlohn (bei einer Personengesellschaft)

(x) branchenspezifischem Faktor (Faktor für KMU: 3 bis 6)

= Kaufpreiskorridor

 

Wichtig!

Bei einem Share Deal (Verkauf von Geschäftsanteilen), der in der Regel bei Kapitalgesellschaften angewendet wird, werden die Posten Verbindlichkeiten (-) und Forderungen (+) gegengerechnet. Diese Gegenrechnung erfolgt nach der Kaufpreisfindung!

 

Ein Beispiel:

  • Kaufpreis 459.000 €

  • Verbindlichkeiten: z. B. Lieferanten, Darlehen, Steuern –159.000 €

  • Zwischensumme: 300.000 €

  • Forderungen: z. B. Bank- und Kassenbestand, Einlagen +100.000 €

  • Zu zahlender Betrag: 400.000 €

 

Bedenken Sie bitte: Die Bereinigung der Kennzahlen hat in den meisten Fällen eine signifikante Auswirkung auf den Verkaufspreis.

 

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass eine Gewinnbereinigung eine sehr heikle Sache ist. Mit der Offenlegung dieser Position sagen Sie ja de facto nichts anderes, als dass Sie Gewinne am Finanzamt vorbeischleusen!

 

Also überlegen Sie sehr gut, was Sie wem sagen.

Tipp! Nicht betriebsnotwendige Ausgaben sind ein heikles Thema. Der kurzfristige finanzielle Vorteil kann sich bei einem Firmenverkauf sehr schnell ins Negative umwandeln. Sie stehen vor der Wahl: Sie kalkulieren eine Reduzierung des Kaufpreises ein oder Sie offenbaren Ihre »Kavaliersdelikte« einer Person, die Sie nicht näher kennen!

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Hier noch einige wichtige Fragen zum Thema Firmenwert.

 

Was ist der Unterschied zwischen einem Firmenwert und einem Kaufpreis?

Der Firmenwert und der Kaufpreis sind zwei verschiedene Dinge, die im Zusammenhang mit dem Verkauf oder Kauf eines Unternehmens relevant sind. Hier sind die Hauptunterschiede zwischen ihnen:

Firmenwert:

  • Der Firmenwert bezieht sich auf den Gesamtwert des Unternehmens und umfasst typischerweise das Eigenkapital sowie die Verbindlichkeiten des Unternehmens.

  • Er berücksichtigt den Wert des gesamten Betriebs, einschließlich des operativen Geschäfts, der Vermögenswerte, der Schulden und anderer Verpflichtungen.

  • Der Firmenwert wird oft zur Bewertung des Unternehmens im Rahmen von Finanzanalysen, Transaktionen oder Bewertungen verwendet.

 

Kaufpreis:

  • Der Kaufpreis ist der Betrag, den ein Käufer bereit ist, für den Kauf des Unternehmens zu zahlen.

  • Er kann auf dem Firmenwert basieren, aber auch andere Faktoren berücksichtigen, wie z.B. zukünftiges Wachstumspotenzial, Markttrends, strategische Synergien oder die individuellen Verhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer.

  • Der Kaufpreis kann höher oder niedriger sein als der Firmenwert, abhängig von verschiedenen Faktoren und den spezifischen Umständen der Transaktion.

 

In einfachen Worten ausgedrückt: Der Firmenwert ist der theoretische Wert des Unternehmens, basierend auf finanziellen Kennzahlen und Bewertungsmethoden, während der Kaufpreis der tatsächliche Betrag ist, den der Käufer bereit ist, für den Erwerb des Unternehmens zu zahlen.

Wie wird mein Kundenstamm bewertet? 

Die Bewertung des Kundenstamms eines Unternehmens kann je nach Branche und individueller Situation auf unterschiedliche Weise erfolgen. Hier sind einige gängige Methoden, um den Wert eines Kundenstamms zu bewerten:

  1. Kundenlebenszeitwert (Customer Lifetime Value, CLV): Diese Methode bewertet den Kundenstamm anhand der geschätzten zukünftigen Einnahmen, die von jedem Kunden generiert werden, abzüglich der erwarteten Kosten für die Akquise und Betreuung des Kunden. Der CLV wird oft unter Verwendung von Kennzahlen wie Kundenbindung, Wiederholungskäufen, durchschnittlichem Bestellwert und Kundenabwanderungsrate berechnet.

  2. Umsatzbasierte Methode: Bei dieser Methode wird der Wert des Kundenstamms anhand des aktuellen Umsatzes berechnet, den die Kunden generieren. Dies kann als Multiplikation des durchschnittlichen jährlichen Umsatzes pro Kunde mit der Anzahl der Kunden erfolgen.

  3. Gewinnbasierte Methode: Hier wird der Wert des Kundenstamms anhand des aktuellen oder erwarteten Gewinns berechnet, den die Kunden generieren. Dies kann als Multiplikation des durchschnittlichen jährlichen Gewinns pro Kunde mit der Anzahl der Kunden erfolgen.

  4. Marktbasierte Methode: Diese Methode vergleicht den Kundenstamm mit ähnlichen Unternehmen in derselben Branche oder Marktsegment. Anhand von Vergleichsdaten können Schlüsse über den potenziellen Wert des Kundenstamms gezogen werden.

  5. Subjektive Bewertung: Manchmal wird der Wert des Kundenstamms auch subjektiv bewertet, basierend auf Erfahrung, Fachwissen und Einschätzungen des Unternehmensmanagements oder externer Berater.

 

Es ist wichtig zu beachten, dass die Bewertung des Kundenstamms oft eine komplexe Angelegenheit ist und verschiedene Faktoren berücksichtigt werden müssen, darunter Kundenbindung, Wachstumspotenzial, Markttrends, Konkurrenz und Risiken. Oft wird eine Kombination mehrerer Bewertungsmethoden angewendet, um ein umfassendes Bild des Werts des Kundenstamms zu erhalten.

Und so sollte man einen Firmenwert ermitteln!

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